SchreibWerkstatt


bist du gekommen

um zu gehen

brauchst du nicht zu beiben

 

bist du gekommen

um zu bleiben

dann geh nicht wieder

 

sei bei mir

bleib bei mir

bleib mir

 

dein bleiben geht

dein gehen bleibt

bei mir

 

(für I.A.)


der lauten Stadt

gibst du eine Stille

die nötig ist

jenen Raum zu erschaffen

der uns bleiben heißt

 

für einen Kuss

zwischen zwei Augenblicken

für ein Streichen

meiner Hand

über dein Haar

 

der stillen Stadt

gibst du einen Klang

der nötig ist

jenen Raum zu verlassen

der uns ausschließt

 

durch einen Kuss

zwischen zwei Augenblicken

durch ein Streichen 

deiner Hand

über mein Haar

 

erschienen 2010 in:

Die Literareon Lyrik-Bibliothek, Bd. XI (Hg.: Anja Zimmermann)



veröffentlicht unter dem früheren Pseudonym "Rufus Fellhauer"

"...auf dem papier liegt die beute zum poetischen halali eines zufriedenen jägers..."


Fellhauer, Rufus / Lyrisches Tagebuch: Gedichte aus sieben Jahren

EDITION KIRCHHOF & FRANKE, Leipzig, 1998



WINDFLÜCHTER

ungedruckte Gedichte aus dem LYRISCHEN TAGEBUCH

EIN MENSCH

 

ich bin ein mensch

und bin mit mir allein

das muss nicht immer

aber soll villeicht so sein

 

ich schaue in den spiegel

ich seh in mein gesicht

doch seh ich nur den spiegel

mich selber seh ich nicht

 

ich sehe einen spiegel

der spiegel sieht zurück

ich weiß nicht was ich sehe

ich weiß nicht was ist glück

 

mein leben ist erfolgreich

verantwortung und pflicht

dahinter wird es dunkel

man sieht nur das im licht

 

mein leben ist mein leben

ein muster ohne wert

mein handeln ist es richtig

was recht ist wirkt verkehrt

 

ich frage nach bedeutung

weil ich so traurig bin

verzweifel schreib ich verse

und suche nach dem sinn

MEIN LEBEN

 

mein leben

ist so einfach

mein leben

ist so schön

zum sterben

ists zu üppig

zum leben

reichts nicht hin

die haut

trag ich zu markte

man gibt

den heller hin

das zeigt

das ich letztendlich

ja doch

ein künstler bin

so bin ich denn

verhungert

doch litt ich

großen durst

mein leben

ist so eitel

mein leben

ist mir wurst

 

P.S.:

meine zarte gesundheit

erlaubt mir leider nicht

in dieser kalten lebenszeit

den tod im wasser zu suchen



DAS POSITIVE

 

wo bleibt denn das positive

hat man den dichter gefragt

der antworteterätäte 

in reimen

freiweg und unverzagt

 

wo mag es nur geblieben sein

es war ja grad noch da

mich dünkt

es ist entschwunden

es blieb im letzten jahr

 

auf einer bank für spesen

der zins hat es geholt

der steckt es in den ofen

und dort ist es verkohlt

 

darauf hat man geschwiegen

und niemals mehr gefragt

der dichter ist gestorben

es hatt ihn sehr geplagt

 

er konnt es nicht verwinden

sein kummer war zu groß

kein reim ließ sich mehr finden

auf seinem grab

wächst moos

 

und die moral

von der geschicht

fragt niemals einen dichter

nach positivem nicht


BLEIB SCHÖNE

 

die du vorübergehst

einen blick in die entworfene weite zu teilen

einsam gleich mir allein zu zwein zu sein

einen augenblick lang nur zu verweilen

eine fremde nähe zu begründen

die gleichheit zu bergen vermeint

 

hätte ich die stimme erheben sollen

um einen aufenthalt dich zu ersuchen

deinen blick zu versenken mit mir

in die tiefe des schweigenden abends

deine hand ehrte den steinernen sims

dein anblick verzögerte mir den gedanken

wär ich der stein deine wärme zu spüren

 

oder war deine hand schon erkaltet

vom gang durch die wälder

die feucht geblieben vom regen der nacht

tränenreich kälte gebahren im wind

 

mein blick verliert sich

in deinem gefolge am waldrand

vom winde zu tale gerufen

erneut in der weite

ein blauer streif in tausend tönen

läßt weiße wolkenbänder in sich treiben

der dunst macht meinen wald

dem dschungel gleich

OHNE SORGE

 

mein aug mag hier zur ruhe kommen

die weite nimmt es mit mir auf

es ruht mein blick auf wiesen aus

und baumbestanden ist das weite feld

 

vor mir in meinem auge schweigt der wind

sein blätterreiches rauschen aber tobt

mitunter macht der lange sommer mir

den park rings um mich her noch bunter

 

versehrt begehrt mein herz nach liebe - wo -

an blicken manchen habe ich verschenkt

wann greift die hand die ihre in die meine senkt

wohin bin ich gegangen - wo bin ich -

 

im park der sorgenlosen sorgen

verstehe ich den grund der augen blick zu weiten

einen park der seele hingegeben hinzugeben

zu verweilen lädt die bank den müden wandrer ein